Chamäleon der Architektur

Als „Architektur-Chamäleon“ ist der Schweizer Architekt Karl Moser (1860-1936) bezeichnet worden. Zusammen mit seinem Kollegen Robert Curjel wurde er in den 90er Jahren des 19.Jahrhunderts mit der Planung für die Karlsruher Christuskirche beauftragt.

Die Städtische Galerie Karlsruhe wird vom 9.4.-3.7. 2011 eine Ausstellung unter dem Titel „Robert Curjel und Karl Moser. Ein Karlsruher Architekturbüro auf dem Weg in die Moderne“ zeigen. Zu diesem Weg in die Moderne gehört auch die Christuskirche, die architektonisch genau am Übergang von Historismus und beginnendem Jugendstil steht. Man sprach in diesem Zusammenhang von Karlsruhes „Kunstblüte“ um das Jahr 1900 herum.

Ein Artikel von Urs Steiner aus der Neuen Zürcher Zeitung zu Mosers 150.Geburtstag im Jahr 2010 zeigt sehr schön die Vielfalt von Mosers Werk, welche Kritiker als chamäleonartig empfanden. Aus dem NZZ-Artikel:

Der Eindruck entsteht durch die Stile, die Moser durchdekliniert hat: Neugotik, Neuromanik, Jugendstil und dann im Spätwerk die markante Hinwendung zum Neuen Bauen. Erst aus der postmodernen Optik, die eine Vielheit der Stimmen, eine Pluralität von Möglichkeiten kennt, dämmert der «wahre» Moser zwischen den Stilen hindurch. Plastische Wirkung, räumliche Abfolgen, funktionale Zusammenhänge sowie der integrierte Einsatz von Kunst begründen seine Bedeutung unabhängig vom Dekor.“

Genau diese Verbindung zwischen Kunst und Architektur beschreibt ein zweiter Essay, ebenfalls aus der NZZ, von Sonja Hildebrand. Hildebrand zeigt sehr schön, wie Mosers (und Curjels) Architektur sich dadurch auszeichnete, daß er schon bei der Planung Künstler und Kunstwerke in seine Vorhaben einband und mit ihnen kooperierte:

Die Zusammenarbeit mit Künstlern kann auch als ein Teil des Erfolgsrezepts des Büros gesehen werden: Wer Curjel & Moser beauftragte und das nötige Geld mitbrachte, bekam ein komplettes Werk. Stand die Vorstellung von Vollständigkeit um die Jahrhundertwende im Kontext des Jugendstils, der Gesamtkunstwerk-Idee und des breiten Stroms der Arts-and-Crafts-Tradition, besass Mosers Integration der Künste auch eine in die Zukunft weisende Qualität, die sich am besten am Äusseren der Bauten ablesen lässt.

 

Über Wolfgang Vögele

evangelischer Theologe, Karlsruhe
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