





Der Predigttext für den Sonntag Kantate (15.5.2022) stammt aus dem Kolosserbrief (Kol 3,12-17):
„So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“
Ostern, der neue Glaube gibt der Welt neue Farben, die niemand zuvor gesehen hat. Der Brief an die Gemeinde von Kolossae leitet zu einem Blickwechsel an. Wer abends die Nachrichten hört und am Morgen die Zeitung überfliegt, dem präsentiert sich eine Welt, die gelähmt ist von den völkerrechtswidrigen Angriffen der Russen in der Ukraine, von einer globalen Umweltkatastrophe und von der wachsenden Unfähigkeit der Menschen, ihre drängenden Probleme mit klarem Verstand zu lösen.
Wer glaubt, der fängt an, auf Konflikte und Reibungen einen anderen Blick zu werfen und neue Perspektiven zu gewinnen. Der Blick von Ostern läßt neue Farben entdecken. Im Licht der Auferstehung verändert sich der ganze Kosmos. Glaube bedeutet neue Farben und Klangfarben, neue Blickwinkel, neue Melodien, neue Energie, um die Probleme der Welt anzugehen. Oder wie es in dem Psalm heißt, der diesem Sonntag Kantate den Namen gegeben hat: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ (Ps 98,1)
Der gesamte Text der Predigt ist hier zu lesen.
Angesichts der gegenwärtigen Weltlage mag es schwerfallen, am nächsten Sonntag Jubilate (8.5.2022) in lauten Jubel auszubrechen. Der Predigttext geht zurück an den Anfang der Schöpfung und an den Anfang der Bibel (Gen 1,1-4). Manchmal tut es gut, sich zu erinnern, daß diese Erde zu anderen Zwecken geschaffen wurde als für Krieg, Leid und Not:
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war.“
Am Anfang sind Tohuwabohu und Gottes Geist getrennt. Dunkelheit herrscht. Dann kommt das Licht. Und die Schöpfung beginnt, wie sie die Priesterautoren erzählen. Gott schafft eine Ordnung, Wasser und Land, Tage und Nächte, Himmel und Erde, Pflanzen und Tieren und Menschen. Licht macht diese gute Ordnung sichtbar und nachvollziehbar. Am Anfang entscheidet sich alles. Am Anfang stellt Gott die Weichen auf Liebe.
Der gesamte Text der Predigt ist hier zu lesen.
Das Thema Licht hat mich zweimal beschäftigt, einmal in einem Aufsatz über das Verhältnis von Fotografie und Theologie, das zweite Mal in einem Aufsatz über die genannte Kapelle von Matisse in Vence. Leider sind nur Fotos von außen möglich (hier von der Kapelle und hier vom Ort Vence), während es untersagt ist, innen zu fotografieren. Eine Google-Bildersuche liefert trotzdem die entsprechenden Ergebnisse.
Wolfgang Vögele, Raum in der kleinsten Kapelle. Über den Maler Henri Matisse, seine ungläubige Theologie und die Ästhetik der Vereinfachung, tà katoptrizómena, Heft 121, Dezember 2019
ders., Lichtblicke. Mutmaßungen über die Ontologie der Oberflächen. Reflexionen über das Verhältnis von Fotografie und Theologie, tà katoptrizómena, H.6, Nr. 134, September 2021